Vilzing ist ein Ortsteil der Stadt Cham in der ostbayerischen Oberpfalz. Unmittelbar am nordwestlichen Ortsrand taucht ein lang gestreckter, zweigeschossiger Baukörper auf. Bei näherem Hinsehen erkennt man ein Ensemble aus zwei Gebäuden an dem leicht geneigten Hang mit Aussicht auf Cham und dessen Hinterland. Eigenwillig aber durchaus reizvoll wirkt die Farbgebung mit einer schwarzen Fassadenbekleidung, weißen Fensterrahmen und rot gedeckten Dächern. Von der sägerauen Tannenholzschalung des Wohnhauses geht eine eigenartige Faszination aus, die an die Urwüchsigkeit eines von der Witterung patinierten Stadls erinnert.

Wohnhaus und Nebengebäude werden über ein zwischengeschaltetes Windfangelement erschlossen und bilden gemeinsam einen hofartigen Vorplatz. Einen effektvollen Kontrast zur bewitterten, dunklen Außenhaut bilden die hellen, lichtdurchfluteten Wohnräume. Auf das leichte Gefälle des Hangs reagiert das Haus mit einem inneren Niveausprung. Auf diese Art gelingt die Zonierung der Bereiche Kochen, Essen und Wohnen. Als zentrales Erschließungselement führt die einläufige Holztreppe unmittelbar zu einem von der Familie gemeinsam genutzten Arbeits- und Spielflur. Verbindendes Element ist der durchgehende Kiefernboden, der überall im Haus verlegt wurde.

Als Ersatz für einen Keller flankiert das eingeschossige Nebengebäude mit Pultdach den lang gestreckten Baukörper des Wohnhauses. Die Ausrichtung des Wohnhauses nach Süden und die gezielte Verteilung der Raumnutzungen optimieren passive solare Gewinne. Ausschließlich mit regenerativer und solarer Energie in Form einer modernen Holzstückgutanlage und Solarabsorbern versorgt, reduziert sich der Primärenergieaufwand auf ein Minimum. Überschüssige Energie der Solarkollektoren auf dem Dach des Nebengebäudes wird in einem Kieskoffer unter der Bodenplatte zwischengespeichert. Dieses Wärmekissen minimiert Wärmeverluste der gebäudehülle an das Erdreich. Energielieferanten für das Haus sind der nahe Wald und die Sonne.

Hölzerne Pfosten und Riegel im Inneren der beidseitig bekleideten Außenwände tragen die Geschossdecke, die als Verbundkonstruktion aus Brettstapelelementen mit Faserbeton aufgebaut ist. Derartig armiert spannen die Deckenelemente frei über die gesamte Hausbreite und ermöglichen eine flexible Grundrissgestaltung. Sämtliche Zwischenwände - mit Ausnahme des Treppengehäuses, dem eine aussteifende Funktion zukommt - sind von der Tragfunktion befreit. Gerade für ein Familienhaus mit wechselnder Belegung ist diese mögliche Flexibilität der Raumaufteilung ein sehr großer Vorteil. Tiefe Fensterlaibungen vergrößern das Nutzraumvolumen im Inneren und rahmen die gezielt gesetzten Ausblicke ein.

Jedes Detail an diesem Haus ist sorgfältig überlegt und geplant: Die Fensterrahmen fügen sich bündig in die Ebene der Schalung ein, wobei die tiefen Kiefernholzlaibungen im Inneren z.B. auf der Nordseite in ein Regal mit vorgelagerter Sofabank integriert sind. Stets erfolgt die Verwendung von Holz mit dem Wissen um seine Eigenschaften und Möglichkeiten. der üppige, allseitige Dachüberstand mit seiner filigranen Untersicht auf die weiß gestrichene Konstruktion dient nicht nur den Fassaden als konstruktiver Holzschutz, sondern definiert eine begehbare Vorzone, die sich nach Westen zu einer Terrasse mit darüberliegendem Balkon vor einem der Kinderzimmer erweitert. Damit schreibt das Haus landschaftstypische Bauformen fort und erhält die Verbindlichkeit seiner Gestalt aus der Konstruktion. Die Architekten erläutern dazu:

"Wesentlicher Entwurfsansatz war die Entwicklung eines Haustyps, der sein Selbstverständnis aus der Interpretation von nüchternen Vorgaben schöpft. Aus dieser Vorgehensweise gewannen schon früher regionaltypische Bauweisen ihre Bodenständige Kraft und Gelassenheit."

Wolfgang Grimm in DIE BESTEN EINFAMILIENHÄUSER AUS HOLZ,

CALLWEY, 2007, ISBN: 978-3-7667-1698-9